Familie muss man lieben, aber mögen muss man sie nicht

Das ist natürlich viel leichter gesagt bei der Familie des anderen, der angeheirateten, angefreundeten Familie. Wir waren gemeinsam ein Wochenende an der Ostsee, um den Geburtstag meiner Schiegermutter-in-Spe zu feiern. Beschissenes Wetter und Fisch. Die Ostsee wie ich sie mag.

Da bin ich leider die Einzige. Dabei waren natürlich mein Freund, neben seiner Mama auch sein kleiner Bruder, der gerade auf entzückende Art und Weise die Pubertät entdeckt, meine Schwägerin-in-Spe und ihr neuer Freund, der Südamerikaner. Ein Traum.

Die Erwachsenen zu viert in einer Ferienwohnung, die Mutter und der kleine Bruder in einer anderen. Nach unserer späten Ankunft am Freitag (die schon ein Skandal war, da die Großeltern ganz umsonst auf uns gewartet haben! – Überraschung wir arbeiten), wollten wir bei der Mutter am Samstag in Ruhe gemeinsam frühstücken. In dieser Familie ist die angepeilte Zeit dafür 07:00-07:30 Uhr. Ein akademisches Viertel gibt es nicht. Wir konnten uns durchsetzen um gemeinsam zu einer humaneren Zeit zu frühstücken. Wir waren 10 Minuten spät dran. Mit „wir“ meine ich und mein Freund. Das dies daran lag, dass meine Schwägerin mit ihrem Freund ewig geduscht haben (Sex in der gemeinsamen Dusche…wie schön!) –egal. Sie flippt aus und will schon ohne uns fahren. Keine Übertreibung: 10 Minuten!

Die Mutter konnte sich einen Seitenhieb zu unserer Unpünktlichkeit auch nicht verkneifen. Das Wochenende ging schon mal gut los.

Der Plan: 5km von Kühlungsborn nach Heiligendamm zu wandern. Leichter, minimaler Regen und nach 10 Minuten geben die Städter auf. Plan gescheitert. Wir gehen 20 Minuten (unter starkem Protest) nach Kühlungsborn-West. Menschen, die Fleisch essen, frieren auch nicht so – by the way.

Wir sitzen im Café. Keiner redet – außer mir. Wir gehen spazieren. Keiner redet – außer mir (und die Mama meines Freundes, mit der ich mich unterhalten habe).

Wir gehen nach Hause und trinken Kaffee zu Hause. Keiner redet – außer mir. Später wollen wir Abendessen gehen. Zur Feier des Tages. Endlich reden alle und streiten.

Meine Schwägerin-in-Spe ist vegan/Vegetarierin-/kein Zucker außer Marmelade/und Fisch ist auch ok/aber eigentlich will ich Leute nur manipulieren mit meiner Essstörung/kein Mitleid/Ess-Gewohnheit, da variabel nach Situation und Laune veränderbar um im Mittelpunkt zu stehen. Gibt es hierfür eine Abkürzung? Ah Ja: Zicke.

Naja ihre Mutter hat Geburtstag. Die Tochter will zu Hause bleiben und nicht gemeinsam Essen gehen. Selbst ihr Freund kann sie nicht überreden. Meine Schwiegermutter-in-Spe ist schon völlig fertig und traurig, fragt mich, ob wir einfach schnell zum Restaurant gehen und die anderen kommen schon nach. Sie macht daraus eine Ansage. Wir gehen also die 2,5 km los. Bei schönstem Ostseewetter. Kommen an. Keiner da. Handy vergessen. Die Situation wird immer schlimmer. Die Mutter ist völlig verzweifelt. Ich versuche zu beruhigen und nach 15 Minuten Warten kommen die anderen.

Gewartet haben wir darauf, dass meine Schwägerin-in-Spe sich noch ihr rohes Gemüse abkocht und mit ins Restaurant nimmt. Aber hat sie es gegessen? Nein. Gedünsteten Fisch ohne alles und Salat ohne alles können nämlich auch die Leute im Osten machen. Manche nennen dies vegan. Ich nenne es bescheuert.

Und niemand redet – außer mir. Bis die Laune gestiegen ist.

Sonntag-Morgen-Frühstückstisch: Keiner redet – außer mir.

Nachdem nach einer Weile eine Bemerkung darüber gefallen ist, wie viel ich rede, hatte auch ich endlich die Schnauze voll und habe nun mal zur Abwechslung meine Laune rausgelassen. Daraufhin ist die Mutter nach dem Frühstück geflüchtet. Sorry, aber ich kann als Schwiegertochter-in-Spe nur so und so viel machen.

Apropos: Die anderen Kinder haben sich nicht besser benommen (einschließlich meines Freundes). Aber das ist nochmal eine Geschichte für sich.

Fazit: Man muss seine Familie lieben, aber mögen muss man die Leute nun wirklich nicht.

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